Petrochemie

Unter Petrochemie (auch Petrolchemie; nach (griech.) petros = Fels und (lat.) oleum = Öl) versteht man die Herstellung von chemischen Produkten aus Erdgas und geeigneten Fraktionen des Erdöls.


Wirtschaftliche Bedeutung

Petrochemische Betriebe sind wegen der Abhängigkeit von Naphtha oft in der Nähe von Raffinerien errichtet worden. Die Crackerkapazität in Deutschland beträgt ca. 5,8 Millionen Tonnen, die europäische Crackerkapazität beträgt ca. 26,3 Millionen Tonnen. Die Ethylen-Produzenten und Konsumenten sind oft über Ethylen-Pipelines miteinander verbunden, um Produktionsschwankungen auszugleichen. Die Produktion von petrochemischen Produkten in Westeuropa, Asien und Nord- und Südamerika betrug 2006 55,3 Mio. Tonnen für Ethylen, 35,6 Mio. Tonnen für Propylen und 27,8 Mio. Tonnen für Benzol[1]. Der Umsatz der Petrochemie betrug in Deutschland im Jahr 2007 ca. 66 Mrd. Euro.

Petrochemische Anlage in Grangemouth, Schottland. Urheber: User:John



Grundprodukte und Verfahren

Das wichtigste Verfahren der Petrochemie ist das Steamcracken, bei dem Ethan, LPG, Naphtha, Hydrowax, Gasöl oder andere geeignete Kohlenwasserstoffe bei Verweilzeiten im Millisekundenbereich, üblicherweise 200 bis 500 ms, und Temperaturen zwischen 800 und 850 °C in Gegenwart von Wasserdampf gecrackt werden[2]. Die Gasphase der Steamcrackerprodukte enthält die Grundchemikalien Ethylen, Propylen, den C4-Schnitt (hauptsächlich Buten, Iso-Buten und 1,3-Butadien) sowie Isopren. Die Flüssigphase enthält hauptsächlich Aromaten (Benzol, Toluol und Xylole) und findet auch als Pyrolysebenzin Anwendung.

Das Steamreforming von Raffineriegasen oder auch leichtem Naphtha liefert hauptsächlich Kohlenmonoxid und Wasserstoff für die Herstellung von Methanol, Ammoniak, Essigsäure und Hydrierprozesse.


Folgeprodukte

Aus den Grundchemikalien wird durch verschiedene Prozesse eine Vielzahl von Zwischen- und Endprodukten hergestellt.

Die bedeutendsten Folgeprodukte sind:


Ethylen:

Polyethylen – z.B. über Ziegler-Natta-Verfahren
• ca. 21% der Gesamtethylenproduktion in LDPE
• ca. 13% als LLDPE
• ca. 23% als HDPE

Ethanol – durch Anlagerung von Wasser

Ethylenoxid (EO) – durch katalytische Oxidation (ca. 11% der Ethylenproduktion)
• Ethylenglykol – durch Reaktion von EO mit Wasser
• Gefrierschutzmittel – enthalten Ethylenglykol
• Polyester – durch Veresterung von Ethylenglykol mit bifunktionalen Säuren
• Polyethylenglykole – durch Reaktion von EO mit Glykolen
• Ethoxylate – durch Reaktion von EO mit Alkoholen
• Monoethanolamin, Diethanolamin, Triethanolamin durch Reaktion mit Ammoniak

Vinylacetat - Monomer (ca. 2% der Ethylenproduktion)

1,2-Dichlorethan – durch Chlorierung (ca. 14% der Ethylenproduktion)
• Trichlorethylen – durch Chlorierung
• Tetrachlorethylen – auch Perchloroethylen genannt; als Reiniger in der “chemischen Reinigung” sowie als Entfettungsmittel genutzt
• Vinylchlorid - Monomer für Polyvinylchlorid
• Polyvinylchlorid (PVC) – weitverbreiteter Kunststoff

α-Olefine
• Poly-α-Olefine als Schmiermittel
• Co-Monomere für Polyethylen
• Fettalkohole für Wasch- und Reinigungsmittel


Propylen:

Acrylsäure
• Acrylpolymere

Allylchlorid -
• Epichlorhydrin – für Epoxid-Harze
• Epoxide – aus Bisphenol A, Epichlorohydrin, und Aminen

Isopropylalkohol - 2-Propanol; Lösungsmittel

Acrylnitril – Monomer für Acrylonitril-Butadiene-Styrol (ABS)-Polymer (ca. 6% der Gesamtpropylenproduktion)

Polypropylen – z.B. durch Ziegler-Natta-Verfahren (ca. 57% der Gesamtpropylenproduktion)

Propylenoxid (PO) – durch Oxidation (ca. 12% der Gesamtpropylenproduktion)
• Propylenglykol - Reaktion von PO und Wasser
• Glykolether – durch Reaktion von PO mit Propylenglykol


Buten – Monomere und Co-Monomere

Isobuten – durch Reaktion mit Methanol zu MTBE und als Monomer für die Copolymerisation mit Isopren

1,3-Butadien - Monomer oder Co-Monomer für die Polymerisation zu Elastomeren
• Kautschuk – aus verschiedenen Dienen oder chlorierten Dienen
   

Benzol:
    
Ethylbenzol – aus Benzol und Ethylen (ca. 7% der Ethylenproduktion)
• Styrol – aus Dehydrierung von Ethylbenzol; Monomer
• Polystyrol - Polymers aus Styrol
         
Cumol - Isopropylbenzol aus benzol und Propylen; Rohstoff für den Cumol-Prozess (ca. 7% der Gesamtpropylenproduktion)
• Phenol – durch Oxidation von Cumol
• Aceton – durch Oxidation von Cumol
• Bisphenol A – zur Herstellung von Epoxidharzen
• Epoxidharze
• Polycarbonate – aus Bisphenol A und Phosgen
• Lösungsmittel

Cyclohexan – durch Hydrierung
• Adipinsäure - Copolymer für Nylon.
• Nylon - Polyamid aus Adipinsäure und Diaminen
• Caprolactam – ein Amid zur Herstellung von Nylon
• Nylon – durch Polymerisation von Caprolactam

Nitrobenzol – durch Nitrierung von Benzol
• Anilin – durch Hydrierung von Nitrobenzol
• Methylen-diphenyl-diisocyanat (MDI) - Co-Monomer für die Herstellung von Polyurethanen
• Polyurethan

Dodecylbenzol – ein Rohstoff für die Herstellung von Wasch- und Reinigungsmitteln
• Detergentien – enthalten oft Salze der Dodecylbenzolsulfonsäure
• Chlorbenzol


Toluol:         

Benzol         

Toluoldiisocyanat (TDI) - Co-Monomers für die Herstellung von Polyurethanen
• Polyurethan

Benzoesäure – durch Oxidation von Toluol
• Caprolactam
• Nylon


Xylol:        

Phthalsäureanhydrid

Dimethylterephthalat               
• Polyester
• Polyethylenterephthalat
• Polyester


Quellen

1. Statistik der APPE
ChemgaPedia Steamcracken


Weblinks

• Commons: Petrochemistry – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Homepage der Association of Petrochemical Producers in Europe (APPE)
Homepage des Verbandes der Chemischen Industrie
Broschüre Aromaten verbessern Ihre Lebensqualität (PDF-Datei; 1,25 MB)
Wiktionary Wiktionary: Petrochemie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


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